Man muss dem Unholden sein Lustiges abzulauschen versuchen und es auslachen. Vielleicht schämt das Böse sich dann und bessert sich. ROBERT WALSER
- Wenn man sich über meine weltanschauliche Überzeugung vor anderen oder nur vor mir lustig macht, macht man sich über mich lustig. Das finde ich überhaupt nicht lustig. Andere lächerlich machen ist ein Zeichen mangelnden Respekts.
- Etwas anderes ist humorvolles Flaxen. Da verletzt man niemanden mit.
- Und noch etwas anderes ist eine Parodie auf das allzu Erhabene. Manche verbreiten um sich herum eine Aura der Wichtigtuerei oder flössen Angst ein. Das ist eine Form der Machtausübung. Da kann ein Witz oder eine Parodie befreiende Wirkung haben. Um Witz und Parodie zu verhindern, verteufelt man solche ulkig-witzigen Äußerungen als Blasphemie, als Majestätsbeleidigung. Vermutlich dürfte das auch der Grund sein, weshalb die Kirchen in der letzten Zeit über sog. blasphemische Angriffe klagen und heftige Attacken loslassen.
Ergänzung: Spott über eine andere Glaubensüberzeugung ist eine Form der Gewalt. Man vergreift sich an etwas Heiligem, nämlich an seiner Menschenwürde.
Im Unterschied dazu ist der Spott über machtbesessene Institutionen und Organisationen manchmal die letzte Waffe im Kampf gegen die Despoten. Dann aber gilt die Verhöhnung nicht der religiösen Grundüberzeugung, sondern der Befreiung von schädlichen gesellschaftlichen Illusionen. Dass der Kaiser nackt daherzog, wagte nur das Kind zu sagen - im Märchen "Des Kaisers neue Kleider."
Eine schlimme Form von Machtausübung ist es, andere zu verfolgen, die die Despoten (das können auch mächtige religiöse Gruppen sein) mit Witz und Ulk in Frage stellen. Auf diese Weise wird der Schutz der freien Überzeugung missbraucht.
Übrigens: Sokrates und Jesus wurden wegen Gotteslästerung umgebracht (Mt 26,65).
@styxway
Also gut, die Frage benutzt den Ausdruck "lustig" machen. Wenn damit "Humor" und "Witz" gemeint ist, ohne gehässige Zwischentöne, dann ist das eine nette Form der Auseinandersetzung.
Ich hatte immer die schärfere Form von "lächerlich" machen im Kopf. Da wird meines Ermessens nach die Grenze überschritten.
Unter "lächerlich machen" verstehe ich das bewusste Verletzen der anderen Meinung, und das ist es, wogegen ich mich wehre. Ich stimme Dir zu, wie oben gesagt, dass Humor keine Grenzen hat, denn er ist eine Art Wahrnehmung des Anderen.
Interessant ist es schon, dass Juden so viele Witze über sich selbst machen können. Wer nicht über sich selbst lachen kann, hat keinen Humor.
Bei menschlichen Grundüberzeugungen hat man es immer mit dem tiefsten und innersten, dem persönlichen Heiligtum zu tun. Das ist unantastbar. Wer sich die Mühe der geistigen Auseinandersetzung macht, wird Zustimmung und Ablehnung/Zurückweisung deutlich aussprechen. Das ist aber hier nicht der Diskussionspunkt, es geht mir darum, ob man die Meinung eines anderen lächerlich machen darf oder nicht. Die deutsche Sprache versteht unter "lächerlich machen" eindeutig das Herabsetzen des anderen.
Es gibt Grenzen, wo man nicht klar sagen kann, ob es sich um Verächtlichmachung oder Humor handelt. Pußy Riot ist für mich das Beispiel, warum es auch legitim sein kann, über die Stränge zu schlagen, um gesellschaftliche Wirkungen zu erzielen. Die Gläubigen haben nicht das Recht, sich angegriffen zu fühlen, weil es gar nicht um den Glauben ging, sondern um die Omnipotenz der Orthodoxen Kirche und den despotischen Putin.
@klaus grinsky
1. zu „Notwehr…“ Aus dem Tonfall Deiner Antwort höre ich weniger Spass, aber mehr Hass heraus.
Lassen wir doch die Kraft der Gedanken und Überzeugungen für sich selber sprechen. Psychische Hygiene ist ja ganz gut, aber auf Kosten der anderen? Ich bin wahrlich kein Kirchenfreund, aber für fairplay.
2. zu „Gewalt der Kirchen“: Das Gedankengut des christlichen Glaubens hat destruktive Folgen, gewiss. Prof. Schnädelbach hat einmal in der ZEIT (2000/20) vom Fluch des Christentums gesprochen. Im großen Ganzen unterstütze ich das dort Gesagte. Aber er hat seinen Grips angestrengt und argumentiert. Es würde den Verächtern des Christentum gut anstehen,
wenn sie sich auf dieses Niveau begeben, anstatt sich mit pauschalen Rundumschlägen ihrer eigenen Glaubwürdigkeit zu berauben oder kriminelle Motive zu unterschieben.
http://www.zeit.de/2000/20/200020.christentum_.xml/seite-1