Das kann man bestenfalls als einen Indikator unter vielen werten. Dann allerdings ergibt sich schon ein Gesamtbild, bei dem man von einer schwindenden Religiosität ausgehen kann.
Dass zunehmend mehr Urnengräber eingerichtet und Urnenbestattungen durchgeführt werden, würde ich auf die gewaltig gestiegenen Kosten für die Beerdigung zurückführen wollen, wie auch dem Umstand, dass man sich von den großen Kirchen nicht mehr vorschreiben lässt, wie man der Religion entsprechend unter die Erde kommen soll. Da haben die Kirchen offenkundig an Erklärungshoheit eingebüßt, wenn die Ablehnung der Kremation als "heidnisches Ritual" nicht mehr greifen kann.
Das muss aber immer noch nicht heißen, dass die Menschen an gar nichts mehr glaubten, denn das ergibt sich eher aus dem Gesamtbild aus Statistiken aller Art, von der konkreten Frage zu Glaubensgrundsätzen, über Kirchgangshäufigkeit, Kirchenaustritte und -eintritte, bis zur Zahl der Konfessionslosen.
Die Befürwortung von Begräbnisritualen muss nicht einmal an eine Form von Glauben gekoppelt sein, weil Spiritualität und die Funktion von Ritualen für die Gesellschaft auch nicht zwingend mit einer Form von Glauben verbunden sein muss.
Auch ohne den Glauben an irgendetwas übernatürliches kann eine Beerdigung und ein Grab eine konkrete Aufgabe haben, und sei es nur die formale Verabschiedung in Gemeinschaft, oder einen Ankerpunkt zu haben, an dem man sich zur Erinnerung und Trauer orientieren kann.
Gerade für gläubige Menschen mag das schwer nachvollziehbar sein, dass das auch ohne Glaube, Religion und Kirche funktioniert. Das hängt dann wohl auch damit zusammen, dass sich die Kirchen gewissermaßen als exklusiver Anbieter verkaufen, denen gemäß nur dieses "Gesamtpaket" denkbar ist. Aber das ist ein Trugschluss - wenn nicht sogar in manchen Fällen arglistige Täuschung.
Ich kenne jedenfalls noch Horrorstories aus der unmittelbaren Nachkriegszeit, als Pfarrer den Hinterbliebenen noch verkaufen konnten, dass der Verstorbene ohne "vernünftige" "Erdmöbelbestattung" und christlichem Ritual in die Hölle fahren würde, oder es wurde damit gedroht, das Grab bei den "unchristlichen Heiden" und Selbstmördern anzulegen.
Dass man damit früher noch Leute beeindrucken und erpressen konnte, teilweise sogar "Handgeld" aus den Leuten pressen konnte, heute aber nicht mehr, halte ich für einen zivilisatorischen Fortschritt. Da sollte jeder genau so agieren können, wie es den Wünschen der Verstorbenen und in zweiter Instanz den Wünschen der Hinterbliebenen entspricht.
Was die angesprochenen Friedwälder betrifft, so sind werden diese meines Wissens von Deisten und Pantheisten sogar ganz besonders bevorzugt. Die sind unverdächtig, an gar nicht zu glauben oder irgendwie "verweltlicht" zu sein. Die kaufen den monotheistischen Religionen und Kirchen nur die Erklärungen und Offenbarungen zu einem personellen Gott nicht ab, und für zunehmend mehr Menschen "dazwischen" gilt das eben auch in Beerdigungsfragen.
Wenn man diversen Statistiken glauben mag, dann ist ein signifikanter Teil der Gesellschaft, selbst unter den konfessionell gebundenen, faktisch eher deistisch oder pantheistisch im Glauben eingestellt, ohne dass das dem Einzelnen immer bewusst wäre. Dennoch dürfte der Anteil an Nichtgläubigen und Atheisten größer sein.