warum haben menschen (gleiche oder ähnliche) **wertvorstellungen**, warum halten sie sich mit oder ohne gott an diese wertvorstellungen.
vorweg: gott existiert, oder existiert nicht. weder das eine noch das andere ist bewiesen oder lässt sich beweisen.
wenn gott eventuell *nicht* existiert, kann unser gefühl oder verständnis, ob etwas gut und richtig ist, nicht von gott (welchem auch immer) kommen. menschen, die nie etwas von gott hörten, oder kleine kinder, wissen trotzdem meist ganz genau, wenn sie etwas angestellt haben und dass dies von den *mitmenschen* nicht akzeptiert wird. dieses gefühl/verständnis steckt wohl bereits teilweise in uns, wird uns aber sicher zu einem guten teil durch die sozialisation beigebracht. was gut und richtig ist, hängt von der kultur ab, die handlungen duldet, akzeptiert, einfordert oder ablehnt. ein paar beispiele sollen dies erläutern.
bei menschenfressern ist etwas anderes gut und richtig als bei uns. oder bei kulturen, die menschenopfer dargebracht haben, wie bei den azteken, inkas oder auch bei den kelten und germanen. im alten äpypten oder china wurden, wenn der herrscher starb, viele bedienstete lebend begraben. teilweise existieren also sehr unterschliedliche wertvorstellungen. heilige kühe kennen wir nicht (mehr), dafür viele andere kulturen, die weder rinder töten noch rindfleisch essen. genauso wie bei uns kein hunde-, katzen- oder affenfleisch verzehrt wird. in anderen kulturen werden diese aber bedenkenlos verspeist, ebenso wie gegrillte insekten (heuschrecken, raupen oder vogelspinnen), die wertvolle eiweisträger sind. moslems und juden haben wiederum andere wertvorstellungen und essen kein schweinefleisch.
diese einfachen beispiele zeigen auf, dass menschen in unterschiedlichen kulturen unterschiedlich werten und unterschiedliche verhaltenskodexe entwickelt haben. die wertvorstellungen hängen also mit der kultur zusammen. am beispiel mit dem hunde- oder katzenfleisch wird auch klar erkennbar, dass *keine* göttlichen gesetze oder gebote im spiel sind, sondern dass diese tabus kulturabhängig sind. ein weiteres beispiel: sowohl bibel als auch koran erwähnen den verzehr von heuschrecken. obschon nicht verboten oder befürwortet sind insekten bei uns als nahrungsmittel tabuisiert. oder singvögel, die südlich der alpen als delikatesse gelten, während sie im norden europas zu einem nahrungstabu wurden. das war aber nicht immer so, sondern entwickelte sich erst im 19. jahrhundert. wenn sich kulturen entwickeln, verändern sich auch ihre wertvorstellungen, an die sich ihre mitglieder halten sollen oder müssen. oft werden spezifische wertvorstellungen durch eine religion begünstigt oder unterstrichen, die vielfach auch teil der kultur ist. teilweise geschieht dies aber auch völlig unabhängig eines glaubensverständnisses. wertvorstellungen haben mit einem eventuell existierenden gott nichts zu tun, sondern begründen sich aus dem erfolgreichen zusammenleben einer kultur. die wertvorstellungen aller kulturen haben sich zu allen zeiten verändert und verändern sich nach wie vor. beispiele: minirock, stringtanga, burkini, kopftuchverbot in der türkei, trennung von kirche und staat, pilzkopffrisur, piercings, ersetzung von heidnischen festen durch christliche feiertage, neue gesellschaftsstrukturen, gleichstellung von mann und frau, aussterben von riten oder religionen, verhütung, abtreibung, ältestes gewerbe der menschheit, feminismus etc.
wertvorstellungen oder einen verhaltenskodex entwickelten sich aber nicht nur beim menschen. viele tiere haben im lauf der evolution "stumpfe" waffen entwickelt, nur um den besten unter sich auszumachen: stichwort kommentkampf. so kämpfen die hirsche mit ihren gewaltigen geweihen, die sie nur für diese kämpfe entwickeln, um den besten genlieferanten unter sich auszumachen. oder steinböcke etc. oder die scharfen waffen werden nicht eingesetzt. wie zum beispiel bei den hornissen. oder wie bei königskobras, die selbst nur schlangen fressen, kämpfen zwei männchen *nicht* mit dem gift um ein weibchen, sondern sie versuchen sich gegenseitig auf den boden zu drücken. der verlierer zieht ab und überlässt dem gewinner das weibchen. kommentkämpfe, sind in der tierwelt weit verbreitet und sind ritualisierte kämpfe mit genau festgelegten verhaltensweisen und abläufen, die die verletzungsgefahr der kontrahenten möglichst gering halten sollen. nur deshalb entwickeln viele männchen waffen wie geweihe, oder eine schützende mähne wie beim löwen, oder wieder ganz anders, das rad beim pfau, um das weibchen zu beeindrucken. es geht immer um die rangfolge und/oder um das vorrecht, sich paaren zu dürfen. würden kommentkämpfe immer mit der vernichtung des kontrahenten enden, würden sich die arten selbst ausrotten. deshalb haben sich diese ritualisierten kämpfe durchgesetzt.
daher wohl auch bei uns menschen die grosse faszination für wettkämpfe aller art, boxkämpfe, leichtathletik, fussball, revolverduell im wilden westen, hau den lukas, schiessbuden mit ihren trophäen usw usf.
=> wertvorstellungen, also auch gesetze, gebote und ein verhaltenskodex, das be-werten von gut und richtig, entwickeln sich kulturabhängig, sind aber auch einem kulturell bedingten wertewandel unterworfen.
=> die wertvorstellungen begründen sich in erster linie aus dem erfolgreichen zusammenleben in einer gemeinschaft und sichern das überleben dieser spezies.
zur titelfrage: das leben und überleben einer art wird nicht durch eine (mögliche) bestrafung in einem jenseitigen leben bestimmt, sondern kann im diesseits nur erfolgreich sein, wenn sich innerhalb einer gemeinschaft solche wertvorstellungen entwickeln, die ein überleben sichern. ob diese wertvorstellungen religiösen oder atheistischen ursprung haben, ist völlig irrelevant. relevant ist ausschliesslich, dass sie zum erfolgreichen überleben beitragen.
wer immer meine antwort mit einem daumenrunter bewertet, soll doch so nett sein, und das argument (oder die aussage) erwähnen, oder noch besser widerlegen, das zu dieser bewertung führt. danke.
@parinam: pascals wette beweist gar nichts - auch nicht das gegenteil von gar nichts.
wer sagt, dass unsere oder sonst irgendeine evolution je abgeschlossen wäre? evolution ist weder selbstzweck noch weiterentwicklung, sondern kann genauso gut rückentwicklung bedeuten. evolution ist nicht gleichzusetzen mit fortschritt, evolution ist steter wandel.
ausserdem, wenn die menschliche evolution bisher nicht eher ein miteinander gewesen wäre, als ein gegeneinander, dann wären wir nicht da, wo wir jetzt sind.
viele andere lebewesen haben bewiesenermassen auch selbstbewusstsein.
es ist ziemlich vermessen zu meinen, wir wären am höchsten entwickelt. eine zecke, oder eine schlange, oder löwen sind genauso gut in ihrem umfeld angepasst und könnten sich mit fug und recht als höchst entwickelt ansehen. abgesehen davon hilft der glauben an eine höhere macht nicht bei der evolution, wie auch, sondern ist eher ein mentaler rückschritt. freiheit und menschenrechte lassen sich durch eine höhere macht nicht begründen, im gegenteil. siehe nur die kairoer erklärung der menschenrechte.
es wär noch spannend zu erfahren, was du dir als potential ausmalst, "wenn wir ganz mensch sind".