Offiziell geht man von vier Millionen Muslimen in Deutschland oder fünf Prozent aus, faktisch dürften die Zahlen deutlich niedriger sein, weil einfach jeder als Muslim gezählt wird, der aus einem muslimischen Land kommt. Darunter werden nicht wenige sein, die gerade deshalb hier sind, weil sie mit dem Islam nichts zu tun haben wollen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Religionen_in_Deutschland#Verteilung_aller_Konfessionen_in_Deutschland
Die Zahl der Muslime ist also noch vergleichsweise klein, kleiner auf jeden Fall, als es das Fass andeuten würde, das die Medien deshalb aufmachen.
Auch wenn die Zahl der Konfessionslosen immer größer wird, die Prozentsätze der jeweiligen großen christlichen Konfessionen seit ein paar Jahren sogar überholt hat, ist Religion, vor allem organisierte Religion, sehr wohl noch ein Faktor und spielt eine Rolle.
Kirche als Machtfaktor wirkt bis in die hohe Politik, Caritas und Diakonie sind die größten Arbeitgeber Deutschlands nach dem Staat, an vielen Stellen in Deutschland haben kirchliche Träger sogar das Monopol in den Krankenhäusern, Kindergärten und Kindertagesstätten. Der Staat finanziert das aus allgemeinen Mitteln - nicht aus der Kirchensteuer, die nebenbei bemerkt auch ihresgleichen auf der Welt sucht.
Da kann man nicht sagen, dass Religion keine Rolle spielt.
Dabei scheint ein verschwindend kleiner Prozentsatz derer, die aus den beiden Kirchen austreten, auch wirklich noch für Religion zurück zu gewinnen sein. Sämtliche Statistiken sprechen dagegen. Das ist eher Wunschdenken Kirchenoffizieller, die meinen, dass die Leute nicht weglaufen, weil sie mit den Inhalten nichts anfangen können, sondern weil man nur mit der "Darreichungsform" nicht einverstanden wäre. Meines Wissens sind gute 9% der katholischen Kirchenmitglieder nicht einmal gottgläubig, und in den evangelischen Kirchen sind die Zahlen sogar noch deutlich höher. Es besteht also ordentlich Potenzial für weitere Austritte.
Was die Konversionen zum Islam betrifft, so sind das wohl auch nur ein paar Tausend im Jahr, die zudem noch oftmals in dem Druck traditionell-religiös-muslimischer Familien begründet sein dürften.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt deutet sich jedenfalls keine große Islamisierungswelle Deutschlands an.
Rechtspopulisten stützen sich immer auf den Umstand, dass Muslime mehr Kinder hätten. Das scheint sogar zuzutreffen, gleicht sich aber auch immer weiter dem Durchschnitt in diesem Lande an, weshalb Prognosen dieser Art äußerst vage sein dürften. Zudem entfernen sich auch jüngere Generationen an Muslimen zunehmend von der Religion, oder sie haben zumindest ein pragmatischeres Verhältnis zur eigenen Religion. An vielen Stellen geht es auch eher um eine Form von "Traditionspflege", um die Brücken mit der Herkunft nicht völlig abreißen zu lassen. Hinter "dem Islam" verbirgt sich jedenfalls mehr Pluralismus, als mancher angesichts der Medienberichterstattung denken mag.
So könnte der Anteil der Muslime in den nächsten Jahrzehnten ansteigen, muss er aber nicht zwingend. Bei allem was ich so beobachte, würde ich von einem moderaten Anstieg an der Bevölkerung ausgehen, aber nicht von der großen Welle. Sie werden aber ein Faktor sein, mit dem man sich offenkundig noch arrangieren muss, denn verschwinden werden sie nicht.
Eine große Konversionswelle sehe ich dabei auch nicht. Da vertrete ich Slovaks Meinung - den meisten Menschen dürften die fundamentalen Freiheiten in diesem Land zu wichtig sein. Da erwarte ich eher einen moderateren Islam - wie auch immer der aussehen mag - trotz eines Anstiegs an religiös Durchgeknallten auf deutlich kleinerem Niveau. Das sehe ich übrigens für das hiesige Christentum ziemlich ähnlich.
Nachtrag:
Weil es auch hier immer wieder behauptet wird - es gehört einfach in den Bereich der Märchen und Fabeln, wenn man den Konfessionslosen pauschal andichten will, dass sie nur aus opportunistischen oder pragmatischen Gründen austreten, aber weiterhin irgendeinem Glauben folgen.
Statistiken zeigen da ein anderes Bild, z.B. dass im Jahr 2002 schon ganze vier Prozent der Konfessionslosen an einen Gott glauben, weitere 18 Prozent an ein höheres Wesen, wie auch immer das definiert sein mag. http://fowid.de/fileadmin/datenarchiv/Gottesvorstellung_nach_Religionszugehoerigkeit_2002.pdf
Ich würde schwer davon ausgehen, dass sich diese Prozentzahlen in den letzten 13 Jahren noch weiter zu Ungunsten irgendeines Glaubens entwickelt haben.
Das deutet nämlich wieder eine Statistik aus dem Jahr 2012 an. Der Aussage "Meine Weltanschauung folgt keiner religiösen Lehre" bestätigten rd. 73% der Konfessionslosen "voll und ganz" - wie übrigens auch 14,9% der Katholiken und üppige 27% der Evangelischen. Tendenz im Zeitraum von 10 Jahren: überall steigend.
http://fowid.de/fileadmin/datenarchiv/Religionszugehoerigkeit/WA_keine_reli_Lehre.pdf
Wenn hier wirklich "noch Gläubige" in den letzten Jahren massenweise ausgetreten wären, dann müssten sich die Zahlen bei den Konfessionslosen zugunsten der Gläubigen entwickeln - ist aber nicht.
Wenn in den Kirchen tatsächlich so etwas wie ein Konsolidierungsprozess und "Reinigungsprozess" bemerkbar wäre, weil die ganzen Nichtgläubigen austreten und die Gläubigen in der Kirche bleiben, müsste sich das zugunsten des Glaubens entwickeln - ist aber auch nicht so.
Das kann nur heißen, dass nicht nur die Gesellschaft an sich weniger gläubig wird, sondern zudem in hohem Maße Leute austreten, die längst kirchenfern und nichtgläubig sind, während in den Kirchen noch "Nachschub" heranwächst, der aus verschiedensten Gründen noch nicht ausgetreten ist, aber sehr wohl ein Potenzial dazu hat, das mit jedem neuen Skandal um die Kirchen neu angetriggert werden kann.
Hier gibt es auf breiter Front für den Glauben und insbesondere für die organisierte Religion nichts zu lachen, und ich erwarte ähnliche Effekte auch unter den Muslimen, gerade weil der gesellschaftliche Druck immer größer wird, Glaubenspositionen überdenken zu müssen.
Das dürften die allermeisten in der Gesellschaft aber auch längst verspürt haben. Im Prinzip hinken nur die Kirchen und die "hohe Politik" hinterher - da wird ignoriert und auf Vogel Strauß gemacht und/oder Protektionismus betrieben, um krampfhaft den Status Quo erhalten zu wollen.
Für die Parteien mit dem "C" sehe ich in dieser Hinsicht ohnehin Hopfen und Malz verloren. Die tragen die Kopplung des Christentums am Konservativismus schon im Namen. Für alle anderen etablierten Parteien sehe ich die Mahnung im Raum stehen, dass sie sich in dieser Hinsicht gefälligst an die gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen, und nicht die 50er Jahre wieder heraufbeschwören, als die Welt für die zwei großen Kirchen in Deutschland noch rosig war. Sonst macht ein anderer, und der wird dann weder der SPD, noch der FDP, den Grünen oder der Linken schmecken, wie auch sehr wahrscheinlich vielen potenziellen Wählern nicht.
Dabei wird sich nicht nur die Schmuserei mit den christlichen Kirchen rächen, sondern auch die mit den Islamverbänden. In NRW bereitet man nämlich tatsächlich schon die Anerkennung einzelner Muslimverbände als Körperschaft des öffentlichen Rechts vor, bei denen man seine Zweifel haben muss, ob sie nicht doch strukturell fremdgesteuert sind und auch mit Demokratie und den Idealen der Verfassung eventuell nicht so wahnsinnig viel am Hut haben.
Das werte ich nicht nur als ein Aushebeln der Volkssouveränität, sondern tatsächlich auch als Angriff auf die Ideale der Verfassung seitens der gewählten Vertreter.