Alles Relevante zum Judasevangelium steht bei wiki
http://de.wikipedia.org/wiki/Judasevangelium
Dem ist nichts hinzuzufügen. Der wikipedia-Beitrag ist völlig wissenschaftlich seriös.
Nur ein paar Anmerkungen zu deinem Kommentar: Eine Entstehung um 60nChr ist völlig ausgeschlossen. Allerfrühestens 100nC.
Das Judas-Evangelium stand für den in den ersten Jahrhunderten entstehenden Kanon des NT nie zur Debatte. Es gehört zu einer recht großen Zahl von gnostisch-"christlichen" Schriften, die meist schon von Autoren in der Zeit der Kirchenväter zitiert wurden, zu einem Teil (wie das Thomas-Evangelium) aber erst in unserer Zeit in alten Abschriften gefunden wurden (Nag Hammadi 1945, siehe wikipedia dazu).
Der Wahrheitsbegriff, den du verwendest, siehst recht unklar aus. Welche Perspektive der Wahrheit meinst du? Wir Christen von heute hören aus den Evangelien und den Worten von Jesus einen existentiellen Wahrheitsanspruch an uns (Bergpredigt, Reich-Gottes-Verkündigung), der nicht davon abhängt, ob ein Wort historisch zur ältesten Jesus-Tradition gehört oder etwa die Abfolge der Erzählungen und ihre literarische Gestalt unmittelbar aus "Protokollierungen" hervorgeht.
Das Grundmotiv der Judas-Deutung im Judasveangelium geht darauf zurück, dass auch in den kanonischen Evangelien sein Verrat schon als Aspekt der Heilsgeschichte verstanden wird ("Was du tun musst, das tue bald!" Joh 13,27), also Judas auch als "Mittel zum Zweck" gesehen wird.
Der Hauptgrund aber für die Vernachlässigung aller dieser pseudoapostolischen Schriften ist, dass sie so stark gnostisch geprägt sind, dass das frühe Christentum in ihnen keine authentische Bezeugung des Messias Jesus erkennen konnte.
Das heißt aber nicht, dass sie etwa "Schwachsinn" wären, wie du es als Aussage einiger Leute aus deinem Umfeld referierst. Das Judas-Evangelium ist ein hochinteressantes religionsgeschichtlches Zeugnis für das gnostische Christentum (das sich noch jahrhundertelang hielt und allmählich in mittelalterliche Sondergruppen wie die Katharer/Albigenser überging (und in der Moderne eine gewisse Wiederbelebung bei Rudolf Steiner, seiner Anthroposophie und der sog. "Christengemeinschaft" erfuhr). Die Auseinandersetzung mit der Gnosis füllte den größten Teil des geistigen Lebens in der frühen Christenheit aus. Aber das ist ein weites, unerschöpfliches Kapitel. Wer diese Schriften einordnen will, muss sich ausreichend mit der Gnosis beschäftigen.
Wir wissen übrigens schon nicht, was an den Judas-Überlieferung der Evangelien wirklich historisch ist, geschweige denn dass wir im Judas-Evangelium irgendetwas historisch Haltbares finden würden. (Das ist aber auch nicht der Sinn der gnostischen Schriften; sie sind reine geistige Spekulation, sozusagen in Szenen und Dialoge verwandelte relgionsphilosophische Ideengebäude.)
Noch zwei Anmerkungen: Auch das Joh-Ev bewegt sich im Umkreis einer gnostisch beeinflussten Sprachkultur, hebt sich dann aber auch drastisch von ihr ab (1.Joh ,2f).
Das Thomas-Evangelium (über das es gar ein Zitat aus der frühen Kirche gab) war eine hochbedeutsame Entdeckung, weil es zeigt, dass die literarische Gattung einer Schrift nur aus Jesus-Worten, wie die Forschung sie annahm für die Logienquellen (den gemeinsamen Bestand von Matth- und Lukas-Ev) tatsächlich zur Zeitenwende existierte - und damit die historisch-kritische Quellenscheidung in den synoptischen Evangelien bestätigt wurde.
Ich muss aber doch mal hinzufügen, dass ich hier nicht meine "Meinung" schreibe. Das sind Dinge, die von "Meinungen" unabhängig sind. Es geht um seriöse wissenschaftliche Kenntnisse.